Heimatlieder, Volksmusik – es ist noch nicht so lange her, dass sich viele Bands und Musiker aber auch große Teile des Publikums abgewendet haben, wenn solche Begriffe ins Spiel kamen. Durch politischen Missbrauch belastet, zuletzt wiederentdeckt in unzähligen Fernsehformaten, um banalen volkstümlichen Schlagern ein falsches Etikett aufzukleben, taugten die Wörter nicht, um die Vielfalt dessen zu spiegeln, was tatsächlich im besten Sinne Volksmusik war und ist: Lieder, die dem Menschen aus dem Herzen sprechen; Alltagsgeschichten und Bilder, die helfen, Komplexes im Privaten wie Politischen zu vereinfachen und somit erträglich zu machen. Die sprachliche Kluft scheint mittlerweile überwunden – nicht nur in der Kölner Region. Die Volkslieder der „Kölschen Heimat“ stiften Identität, ohne auszugrenzen.
Die musikalische Vielfalt wird umso bunter, je mehr sich die Bevölkerung in Stadt und Land verändert. Solange sie in enger Verbindung mit den Menschen der Region das Mitfühlen und Mitsingen möglich macht, scheint musikalisch fast alles erlaubt. Seit den ersten Platten der Bläck Fööss ist für die „Kölsche Heimat“ durchaus typisch, dass der jeweilige Musikstil keine große Rolle spielt, wenn es darum geht, ein Stück in den heimischen Liederkanon aufzunehmen. Da singen Rockfans Schlager, schunkeln Zugereiste zu Walzerklängen, wird zu Klängen aus aller Welt getanzt; Disko trifft Sitzungssaal, Kneipengesang auf Operettenbühne, Rockkonzert auf Straßenmusik. Vor der Integration in den kölschen Liederschatz ist nichts sicher: Irische und russische Volkslieder, Sirtaki, Flamenco und Tango, Rapmusik genau wie alle anderen Spielarten des Swing und Pop. Zuwanderer aus aller Welt haben in den letzten Jahren viele weitere Einflüsse mitgebracht. Und immer verbindet sich das Neue mit dem Respekt für das Vergangene.
Das Neue würde nicht so spannend und immer wieder identitätsstiftend sein, wenn es nicht an diese große Tradition anknüpfen würde. Und das Alte bliebe nicht so lebendig, wenn sich die Neuen ihm nicht immer wieder annehmen würden. Das scheint mancher – vor allem im kommerziellen Karneval – zu vergessen, wenn er lieber auf Ballermann und Beliebigkeit setzt anstatt auf das, was die Kultur dieser Region so einzigartig und liebenswert macht. Brauchtumspflege ist keine Angelegenheit für Museumswärter und sentimentale Nostalgiker. Sie braucht vielmehr immer wieder frischen Wind, undogmatische Offenheit und einen Blick nach vorne. Und es geht auch um Ermunterung, das unvergessene Werk vieler Autoren der Vergangenheit zum Vorbild zu nehmen.
„Kölsche Heimat“ knüpft an die erfolgreiche Reihe „Kölsche Evergreens“ (www.karneval.de) an, die sich 40 Jahre lang um das rheinische und kölsche Liedgut der Vergangenheit kümmerte und dazu beitrug, Brauchtum und Liedkultur zu pflegen. „Kölsche Heimat“ erweitert den Blick, will auch Trends und Entwicklungen aufgreifen, begleiten und fördern. Die erste Folge „Ahle Schätzje neu lackeet“ erschien 2015. Jedes Jahr soll ein neuer Beitrag die vielfältige Liedkultur der Region begleiten.